Im Herbst 2020 hat die Europäische Union ihr Digital Finance Package und ihre Digital Finance Strategie formuliert. Diese Regelungen sind von überragender Bedeutung für die Digitale Transformation des Finanzsektors. Die daraus resultierenden Maßnahmen zur Förderung des digitalen Wandels bis 2024 haben vier Prioritäten, die im Folgenden kurz skizziert werden sollen.
Priorität 1: Der Fragmentierung des digitalen Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen soll entgegengewirkt werden
So soll erreicht werden, dass Verbraucher in Europa über Ländergrenzen hinweg auf Finanzdienstleistungen zurückgreifen können und die Finanzdienstleister ihre digitalen Angebote verbessern können.
Priorität 2: Der Regulierungsrahmen der EU soll digitale Innovationen erleichtern, sofern diese für Verbraucher wichtig sind.
Als Beispiele werden hierfür in der Digital Finance Strategie der EU ausdrücklich Distributed Ledger Technologie und Künstliche Intelligenz genannt. Der Regulierungsrahmen soll auch sicherstellen, dass solche Technologien verantwortungsvoll und entsprechend der Werte der EU genutzt werden.
Priorität 3: Die digitale Transformation des Finanzsektors soll durch die Schaffung eines europäischen Finanzdatenraums gestärkt werden. Durch diesen Datenraum sollen datengestützte Innovationen gefördert werden.
Hiermit sollen Datenzugriffe und der Datenaustausch innerhalb des Finanzsektors verbessert werden. Unter Einhaltung der Datenschutzregeln und Wettbewerbsbestimmungen soll so der Finanzsektor datengestützte Innovationen besser nutzen können und der sogenannte Datenbinnenmarkt soll gefördert werden. Interessant ist, dass hier eine wichtige Rahmenbedingung für das Thema Nachhaltigkeit geschaffen wird, denn es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Maßnahmen auch den Zugang auf Daten ermöglichen sollen, die benötigt werden, um Geld in nachhaltige Investitionen lenken zu können.
Priorität 4: Die mit der digitalen Transformation des Finanzsektors einhergehenden Risiken und Herausforderungen sollen umgehend angegangen werden.
Insbesondere zählen hierzu nach Auffassung der EU die Themen Regulierungs- und Aufsichtsrahmen, Wahrung der Finanzstabilität, Verbraucherschutz, Marktintegrität, fairer Wettbewerb und Sicherheit. Es soll sichergestellt werden, dass nicht Systeme entstehen, in denen Finanzdienstleister nicht mehr dem Regulierungsrahmen unterliegen. Gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen bestehenden Finanzinstituten und neuen Marktteilnehmern (zum Beispiel Fintechs) sollen sichergestellt werden. Diese Aufgabe wird sicherlich nicht einfach zu bewältigen sein, wie die Situation um erfolgreiche Fintechs wie Ant oder Paypal bereits heute belegt.
Dr. Jens Bölscher ist studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Er promovierte im Jahr 2000 zum Thema Electronic Commerce in der Versicherungswirtschaft und hat zahlreiche Bücher und Fachbeiträge veröffentlicht. Er war langjährig in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt 14 Jahre als Geschäftsführer. Seine besonderen Interessen sind Innovationen im IT Bereich.